5. Juli 2021
Medikamentöse vs. chirurgische Prävention in der Hochrisikosituation
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Frauen mit einem HBOC („hereditary breast and ovarian cancer syndrome“) haben ein stark erhöhtes Risiko, an einem Mamma- und Ovarialkarzinom zu erkranken. Neben dem Hochrisikofrüherkennungsprogramm gibt es als präventive Strategie neben risikoreduzierenden Operationen nun eine vielversprechende medikamentöse Prävention im Rahmen der BRCA-P-Studie.
BRCA-1/2-Mutation
5–10% aller Mammakarzinome sind genetisch bedingt. Die Hälfte davon geht auf Mutationen in den Genen BRCA 1/2 zurück, welche autosomal dominant vererbt werden.
Frauen mit einer BRCA-1/2-Mutation haben ein stark erhöhtes Lebenszeitrisiko, an einem Mammakarzinom (bis zu 85%) und einem Ovarialkarzinom (bis zu 44%) zu erkranken.
Bereits an einem Mammakarzinom erkrankte Mutationsträgerinnen haben ein deutlich erhöhtes Rezidivrisiko sowie auch ein stark erhöhtes Risiko, an einem kontralateralen Mammakarzinom zu erkranken.
Daher wird diesen Patientinnen als therapeutische Operation eine Mastektomie – falls onkologisch möglich, eine Nippel-sparing-Mastektomie (NSM) – und eine kontralaterale risikoreduzierende NSM mit Sofortrekonstruktion angeboten.1
Gesunde Mutationsträgerinnen haben neben dem intensivierten Hochrisikofrüherkennungsprogramm die Möglichkeit, eine bilaterale risikoreduzierende Mastektomie (rrNSM) mit Sofortrekonstruktion sowie eine risikoreduzierende bilaterale Salpingo-Oophorektomie (rrBSO) durchführen zu lassen.2
Risikoreduzierende Mastektomie
Das Risiko wird durch eine derartige Operation auf 5–10% reduziert.
Wichtig ist eine ausführliche Aufklärung vor derartigen Operationen, gerade hinsichtlich der Komplikationsrate, welche in der Literatur mit bis zu 30% beschrieben wird. Weiters ist es auch wesentlich, darüber aufzuklären, dass die Sensibiliät im Bereich der Cutis und des Nippel-Areola-Bereiches nach risikoreduzierender Mastektomie deutlich vermindert sein wird und die Frauen eine gewisse Zeit brauchen werden, um sich mit der neuen, rekonstruierten Brust idenzifizieren zu können, auch wenn es sich um sehr gute kosmetische Ergebnisse handeln sollte (Abb. 1a/b).
Abb. 1a: rrNSM präoperativ
Abb. 1b: rrNSM 6 Monate postoperativ
Die risikoreduzierende NSM wird immer mit einer Sofortrekonstruktion kombiniert, welche implantatbasiert oder mittels Eigengewebe erfolgen kann. Bei implantatbasierten Techniken weist die präpektorale Implantatrekonstruktion einige Vorteile auf, wie die Beibehaltung der Anatomie, kürzere Operationszeit, weniger Schmerzen, frühere Mobilisierung etc.3–8
Allerdings entscheidet sich nur rund ein Drittel der Mutationsträgerinnen für risikoreduzierende operative Eingriffe. Alternativen dazu sind einerseits das intensivierte Früherkennungsprogramm, andererseits eine medikamentöse Prophylaxe im Sinne einer Chemoprävention wie zum Beispiel im Rahmen der BRCA-P-Studie.
Chemoprävention
Tamoxifen
Der Einsatz von Tamoxifen in der Prävention des Mammakarzinoms könnte eine Rolle bei gesunden BRCA2-Mutationsträgerinnen sowie als sekundäre Prävention bei BRCA-1/2-Mutationsträgerinnen spielen.9,10 Allerdings gibt es hierfür derzeit noch unzureichende Evidenz.
Aromatasehemmer
Derzeit läuft eine prospektive, randomisierte, placebokontrollierte Studie, der sogenannte LIBER Trial, um herauszufinden, ob fünf Jahre Letrozol einen Effekt in der Prävention des Mammakarzinoms bei postmenopausalen BRCA-1/2-Mutationsträgerinnen hat. Die Ergebnisse dieser Studie sind abzuwarten, um evtl. zukünftig eine Chemoprävention mit Aromatasehemmern anbieten zu können.
Denosumab
Die aktuellste und derzeit attraktivste Chemopräventionsstrategie ist der RANKL-Antikörper Denosumab, welcher im Rahmen der prospektiv randomisierten, placebokontrollierten BRCA-P- oder ABCSG-50-Studie untersucht wird.11
Denosumab ist ein in der Osteoporose und bei ossären Metastasen eingesetzter Antikörper gegen den RANK-Ligand, mit dessen Hilfe der Knochenabbau verhindert wird.12,13
In Studien konnte gezeigt werden, dassDenosumab zusätzlich auch eine antiproliferative und proapoptotische Wirkung auf Tumorzellen hat.14
Weiters identifizierten Nolan et al. die Blockade von RANKL mit Denosumab als potenzielle Präventionsstrategie bei BRCA-1-Mutationsträgerinnen. Es wurden in dieser Studie bei gesunden BRCA-1-Mutationsträgerinnen Biopsien entnommen und luminale Progenitorzellen in RANK+ und RANK– eingeteilt. Man fand einen signifikanten Unterschied mit höherer Expression von mit der Progression des Zellzyklus assoziierten Genen und vermehrter DNA-Schädigung sowie Zelltod, wenn RANK+BRCA1MUT/+ Zellen mit Hydroxyurea und Bestrahlung behandelt wurden. Somit dürfte RANK auch eine Rolle in der Tumorentstehung spielen und Antikörper gegen RANKL könnten eine Tumorenstehung verhindern und zur Prävention eingesetzt werden.15
Bei der BRCA-P-Studie werden 2918 gesunde BRCA-1-Mutationsträgerinnen in zwei Arme randomisiert: fünf Jahre Denosumab 120mg s.c. alle sechs Monate vs. Placebo (Abb. 2).
Abb. 2: BRCA-P-Studiendesign
Die Evaluierung einer eventuellen Reduktion des Risikos für Brustkrebs durch die Gabe von Denosumab gilt als primäres Studienziel. Sekundäre Studienziele sind unter anderem die Reduktion des Risikos für Ovarialkarzinom, die Auswirkungen auf die Knochengesundheit, die Evaluierung der Nebenwirkungen etc.
Der globale „principal investigator“ (PI) der BRCA-P-Studie ist Prof. Christian Singer, die Patientinnen werden international in 7 Ländern rekrutiert.
Wir erhoffen uns, durch die Ergebnisse dieser Studie eine weitere Säule in der Prävention für gesunde Mutationsträgerinnen schaffen zu können.